Schlammschlacht versus Verantwortung

XZ7J1719Es muss einiges zusammen kommen, wenn sich eine 2/3 Mehrheit des Stadtrates, bestehend aus 21 Mitgliedern von vier der fünf im Stadtrat vertretenen Fraktionen, zusammenfindet und beschließt, die wahlberechtigte Bevölkerung über die Zukunft des Bürgermeisters abstimmen zu lassen. Die Frage lautet: Sind sie für die Abwahl des Bürgermeisters und damit für die Zukunft der Stadt Arnstadt?

Im Jahre 2012 hat der parteilose Kandidat Alexander Dill gegen die Etablierten von Pro Arnstadt, CDU, SPD und LINKE in der Stichwahl gegen Knut Vettrich (CDU) überraschend gewonnen. Seitdem hat er wohl fast alles falsch gemacht, was man falsch machen kann.

Mit grossen Versprechungen und Perspektiven angetreten, ist er nun an einem Tiefpunkt angekommen, hat, das ist das Tragische an der Geschichte, eine ganze Stadt mit dahin gezogen und Millionenverluste und Stillstand produziert.

Für das erste Jahr im Amt wurde ihm noch Welpenschutz zuerkannt, den ersten Haushalt seiner Amtszeit (für das Haushaltsjahr 2013) hat ihm eine fraktionsübergreifende Mehrheit des Stadtrates verantwortungsbewusst gerettet.

Schnell war allerdings klar, dass der Herr Dill überhaupt keinen Plan hatte, wo es hingehen soll. Stattdessen kamen immer mehr Destruktivkräfte zum Vorschein. Sein Boykott des Bauvorhabens „An der Weisse“ ist Legende, ebenso die zeitweise über 60 nicht umgesetzten Beschlüsse des Arnstädter Stadtrates, die fraktionsübergreifend und mit wechselnden Mehrheiten gefasst wurden.

Schnell wurde ebenso klar, dass Herr Dill weder Ahnung von noch Interesse an einem beschluss- und mehrheitsfähigen Haushaltsentwurf hatte. Um die Stadt handlungsfähig zu halten, hat wiederum eine fraktionsübergreifende Mehrheit gegen den sturen Widerstand des Herrn Dill den Haushalt für 2014 beschlossen – genehmigt von der Rechtsaufsicht. Dieser Haushalt hat übrigens im Verwaltungshaushalt einen erklecklichen Überschuss von immerhin 200 000 Euro ausgewiesen. Dazu kamen Einnahmeerhöhungen im Vermögenshaushalt von 110 000 € und Einsparungen bei den Ausgaben in gleicher Höhe.

Auf die Spitze getrieben hat es Herr Dill nun in diesem Jahr, indem er erfolgreich die Vorlage eines Haushaltsentwurfes sabotierte. Stattdessen hatte er zuvor trickreich die völlig unnötige Erhöhung des Kassenkreditrahmens (also des Dispos der Stadtkasse) von 5,9 Mio. € auf über 9,2 Mio. € ergaunert, was die Kommunalaufsicht zwang, der Stadt ein Haushaltssicherungskonzept abzuverlangen, dessen Verabschiedung in den Sternen steht.

Die Stadt wird letztlich 2015 keinen rechtsgültigen Haushalt bekommen.

Die Konsequenzen sind vor allem für das Vereinsleben in Arnstadt erschreckend. Viele Vereine sind auf die Unterstützung der Stadt im Rahmen der Erfüllung freiwilliger Aufgaben angewiesen. Stattdessen kreist nun gnadenlos die soziale und kulturelle Abrissbirne, gelenkt und geleitet von Bürgermeister Alexander Dill.

Die Liste der Betroffenen ist lang und wird täglich länger. Sie klingt wie das „who is who“ des sozialen und kulturellen Lebens der Stadt:

Betroffen sind traditionelle Veranstaltungen und Vereine wie der Arnstädter Schwimmverein, die Karnevalisten der Stadt, der Tierpark, die Bibliothek, das Schlossmuseum, der Theaterverein, der Neideckverein, die Stadthalle, die Ortsteile, das städtische Bach-Festival, der Bach:Sommer.

Den demokratisch gewählten ehrenamtlichen Stadträdtinnen und Stadträten boten sich nun zwei Möglichkeiten: Weiter so und zuschauen was übrig bleibt (das wäre wohl nach Dills Geschmack) oder als wirkliche Alternative ein Abwahlverfahren auf den Weg bringen.

Sie haben verantwortungsbewusst von diesem demokratischen Recht Gebrauch gemacht. Sie haben Verantwortung übernommen, für ihre Stadt, für die Menschen die hier wohnen, für die Erhaltung der sozialen und kulturellen Infrastruktur.

Die Antwort des Herrn Dill war erwartungsgemäß schmählich: er kündigte eine Schlammschlacht an, und seine Freunde  begannen auch gleich, in den sozialen Medien mit Schlamm um sich sich zu werfen.

Der Ball liegt nun bei den Wählerinnen und Wählern. Sie haben es am 24. Januar 2016 in der Hand, die Weichen für die Zukunft ihrer Heimatstadt neu zu stellen – in Richtung Kulturerhalt, sozialem Miteinander, attraktiver Stadtentwicklung und einer Verbindung von Tradition und Moderne.

5 Gedanken zu “Schlammschlacht versus Verantwortung

  1. Herr Kobel,
    Ihre Aussage, „das Bachfestival“ sei „betroffen“ ist unzutrffend und falsch. Unzutreffend und falsch sind auch andere Aussagen in diesem Artikel sowie auf der gesamten Seite. Aber darauf gehe ich nicht weiter ein. Das wäre verschendete Lebenszeit.
    MfG
    Weiss

    • Sehr geehrter Herr Weiss,

      gemeinhin folgt auf die Ansage „ist unzutreffend und falsch“, ein Argument und eine Erläuterung, warum und wie es sich denn tatsächlich verhält.

      Was ist jetzt nun mit dem Bachfestival? Sie, als Berufener Bürger für das Bürgerprojekt im Werkausschuss des Kulturbetriebs, wissen so gut wie ich als Ausschussmitglied, dass der Bürgermeister uns auf regelmäßige Nachfragen seit Monaten hinhält. Dies müsse noch geklärt, jenes noch besprochen werden. Konzept und Details später. Zuletzt hieß es, er würde mich kurzfristig informieren.

      Nun erhielt ich stattdessen zufällig in meiner Eigenschaft als Intendantin des Bach:Sommers von Herrn Keßler, dem Tourismusverantwortlichen der Stadt, einen Newsletter mit dem hübschen Titel „Konzerte rund um den Geburtstag von J. S. Bach in Arnstadt“.

      Diesen Newsletter haben wir für die interessierte Öffentlichkeit hier eingestellt. (siehe auch „Dokumente“)

      Darin aufgeführt vier größere und kleinere Konzerte um den 21. März 2016, ein Kantatengottesdienst und eine Ehrung, sowie die Ankündigung einer Passion im Rahmen der Thüringer Bachwochen.

      Von „Bachfestival“ kein einziges(!) Wort. Stattdessen ein Hintergrundrauschen von „Bachkirche als authentischem Ort“, „Bachausstellung“ und „Mon plaisir“. Damit also geht die Stadt Arnstadt neuerdings an die Weltöffentlichkeit von Reiseveranstaltern, Medienpartner und touristischen Opinionleadern, an die dieser Newsletter versandt wurde.

      Partner, für die das Bachfestival in den letzten Jahren zu einer festen Größe geworden war. Partner, die dringend auf ein Zeichen warten, wie diese publikumsträchtige Veranstaltung denn im Jahr 2016 genau verläuft. Partner, die jetzt ohne ein Wort der Erläuterung eine Information über „Konzerte rund um Bachs Geburtstag“ bekommen.

      Wollen sie Arbeit des Kulturbetriebs, des Stadtmarketings, der Musiker, der touristischen Partner, die Partner der Medienkooperationen und vor allem das große und treue Publikum verhöhnen mit der Aussage, das Bachfestival sei nicht betroffen? Glauben Sie tatsächlich, Konzerte rund um Bachs Geburtstag sind für das Publikum und die Strahlkraft der Stadt das gleiche wie ein Festival? Das Bachfestival hatte ein KONZEPT, eine inhaltliche Ausrichtung, einen optischen Auftritt und feste Partner, für die Verlässlichkeit und Kontinuität sehr wichtig ist. Man plant hier Jahre im voraus! Das wird soeben alles zerstört.

      Und wenn es tatsächlich so wäre, dass die Stadt nicht mehr in der Lage ist, ein solches Festival zu realisieren, haben dann die Gremien, der Stadtrat, die breite Öffentlichkeit, das Publikum und die touristischen Partner keinen Anspruch darauf, dass ihnen zumindest Hintergründe, alternative Finanzierungsmodelle, das neue Konzept und dessen Perspektiven erläutert werden?

      Diese Erläuterung ist aber gar nicht möglich, weil der Bürgermeister, der das Thema Bachfestival zur exklusiven Chefsache gemacht hat, auch in dieser Frage völlig konzeptlos handelt.

      Mit freundlichen Grüßen
      Judith Rüber

  2. Sehr geehrte Frau Rüber,
    da kann ich nur sagen, wer zuhören kann, ist klar im Vorteil. Wie Sie sehr wohl wissen, habe ich im Werkausschuß Kultur bereits vor geraumer Zeit ausführlich und detailliert auf ihre Nachfrage hin Bericht über den Stand der Dinge erstattet. Was keinesfalls zwingend erforderlich gewesen wäre, denn der Werkausschuß hat mit dem Bachfestival nichts mehr zu tun. Sie wissen: die Stadt und auch das nicht mehr existierende Stadtmarketing haben sich von Träger- und Veranstalterschaft des Festivals zurückgezogen. Das ist anders geregelt, wie Sie wissen können, wenn Sie aufmerksam zugehört hätten. Sie sind also hinlänglich informiert und das muss nun auch ausreichen.
    mfg
    Weiß

    • Sehr geehrter Herr Weiss,

      wozu so ein Blog doch alles gut ist: Schön, dass die Mitglieder des Werkausschusses des Kulturbetriebs und die Aufsichtratsmitglieder aus der Feder eines Berufenen Bürgers erfahren, dass die Stadt und DAS NOCH EXISTIERENDE Stadtmarketing sich von Träger- und Veranstalterschaft des Festivals zurückgezogen haben (sollen). Wann? Unter Mitwirkung welcher Gremien? Auf Grundlage welchen Beschlusses? Mit welchen rechtlichen Konsequenzen: für die Nutzung der Marke? Für etwaiges Equipment? Für Partnerschaften wie der mit den Bachwochen?

      Da kann ich nur sagen, wer die Grenzen seiner Befugnisse kennt, ist klar im Vorteil: Wir werden im Werkausschuss am 18. November 2015 klären, wie es mit dem Bachfestival weitergehen wird!

      MfG

      Judith Rüber

      • wir werden sehen, wie das ausgeht. wie gesagt, der werkausschuß ist informiert und das mehrfach, verehrte frau rüber. man muss die informationen nur zu dem zeitpunkt zu kenntnis nehmen, wenn sie gegeben werden.
        mfg

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