Der Wochenmarkt in Arnstadt
Konzept zur Verbesserung von Aufstellung, Angebot und Gestaltung

// Da sind beispielsweise die Touristiker, die seit Jahren Druck machen. Viele Besucher fragen sich, warum wir die schöne Sicht zum Rathaus zweimal in der Woche mit Buden zustellen.
(aus: Wernigeroder Volksstimme, 2017) //

Ein innerer und ein äusserer Kranz – so könnte die Zukunft des Arnstädter Wochenmarktes aussehen

Konzeption einer Neugestaltung des Arnstädter Wochenmarktes zum Vorteil der Händler, der Marktbesucher, der Touristen, der Anwohner und des Erscheinungsbildes der Stadt Arnstadt.
Eine Konzeptstudie vom Herbst 2019 von Jan Kobel.
(Bemerkung des Herausgebers: Diese Studie entstand nicht im Auftrag der Stadt Arnstadt, wurde ihr Ende 2019 jedoch kostenlos zur Verfügung gestellt.)

Der Stand einer Kyffhäuser Bäuerin und Selbstvermarkterin auf dem Wochenmarkt in Arnstadt


Das Bild Arnstadts ist geprägt von der Geschichte seines Marktwesen. Die vielen nebeneinander liegenden Plätze und Märkte zeugen bis heute von einem regen Leben als Handelsstadt. Die Märkte dienten dabei sowohl der Versorgung der Bevölkerung als auch dem lokalen und überregionalen Warenumschlag, war doch Arnstadt Bestandteil europäischer Handelsrouten. Diese Funktionen sind der Stadt im Wesentlichen seit langem verloren gegangen.

Das innerstädtische Marktwesen, das in vielen europäischen Städten dennoch bis heute lebendig ist, dient zuerst zweierlei:
Zum einen der Versorgung mit den Produkten des täglichen Bedarfs, bei denen Frische und Regionalität ein Kaufkriterium ist (Obst, Gemüse, Wurst, Brot etc).

Zum anderen dem sozialen Erlebnis Einkaufen, der Begegnung und der Kommunikation, des Sehens und Gesehen-Werdens, kurz: des Erlebnisses urbaner Raum. Ein Erleben, das in unserer Welt der digitalen und sozialen Vereinsamung immer mehr an Bedeutung gewinnen wird. Ein Wochenmarkt ist der Inbegriff des Erlebnisses Stadt. Er ist die Seele der Stadt, denn hier trifft jeder jeden.

Der Arnstädter Markt ist – als Platz – in mehrfacher Hinsicht spektakulär: als einer der wenigen deutschen Renaissancemärkte mit fränkisch-dreieckigem Grundriss, als Platz mit geschlossener historischen Bebauung und mit einem jungen Bach gegenüber dem Rathaus, der in seiner genialen Gestaltung dem Genie des Musikers nicht nachsteht. Es ist durchaus möglich, Wochenmärkte so zu gestalten, dass dieser Platz erlebbar bleibt.


Der Arnstädter Wochenmarkt erfüllt diese Funktionen durchaus, aber er erfüllt sie nur eingeschränkt. Der Erfolg des Dienstagsmarktes zeigt, dass die Menschen das Markterleben und die Begegnung suchen, weil der dienstägliche Besuch vielen immer noch selbstverständliche Gewohnheit ist.

Zugleich weist der Arnstädter Markt in den Kategorien
1) AUFSTELLUNG,
2) ANGEBOTS-VIELFALT und
3) AUTHENTIZITÄT / GESTALTUNG DER STÄNDE
deutliche Defizite auf, die sowohl für die jüngeren und anspruchsvolleren Besucher als auch für die qualitätsorientierten Produzenten und Händler abschreckend wirken. Dies gilt auch für die dritte, modernste Funktion des Wochenmarktes: dem touristischem Erleben der Stadt.

Ob Wochen- oder Weihnachtsmarkt, der Raum zwischen dem Marktgeschehen und den Gebäuden am Markt dient als Müll- und Logistiklager. Lieferverkehr wird behindert, Rettungswege sind eingeschränkt. So präsentiert sich der Wochenmarkt zB. aus der Perspektive der meistfrequentierten Gastronomie auf diesem Platz, der Eisdiele La Gondola von Massimo Cagnin

Durch den dienstäglichen Wochenmarkt und die zahlreichen Märkte, Feste und Veranstaltungen an den Wochenenden ist der Marktplatz und seine historische Bebauung regelmäßig nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr erfahrbar. Dieser Zustand ist für eine Stadt mit einem touristischen Potential wie in Arnstadt unbefriedigend.

Dieses Konzeptpapier möchte diese Defizite aufzeigen und die Richtung weisen, wie diese behoben werden können. Es geht dabei nicht um die Präsentation einer fertigen Lösung, sondern um die Sensibilisierung für die aktuellen Mängel und die Initialisierung eines Prozesses, an dessen Ende eine für alle Beteiligten optimale Lösung gefunden wird.

1) Die Aufstellung des Marktes
Der erste Anblick, den der Arnstädter Wochenmarkt dem Besucher bietet (vor allem jenem, der vom Untermarkt oder von Südwest, Marktstraße oder Kirchgasse kommt), ist geprägt durch Rückseiten. Dieser erste Anblick ist nicht einladend, sondern abweisend. Weiße Planen, Müllcontainer, Euro-Paletten, Behälter und dicht an dicht gestellte Lieferwägen erwecken den Eindruck, dass es sich bei dem Markt um eine „Wagenburg“ handele, in dessen Inneres man erst noch vorzudringen habe. Der Markt zeigt dem Besucher zuerst sein Hinterteil. Und nicht nur dem Besucher!

Denn ebenso erscheint die Stadt selbst, der Markt als Platz mit seinem geschlossenen historischen Ensemble, vom Geschehen des Wochenmarktes wie ausgeschlossen. Dies wirkt nicht nur wie eine Respektlosigkeit gegenüber der Würde des Platzes, die das Erleben des Marktes als architektonisches Ensemble verunmöglicht. Es betrifft und schädigt auch ganz konkret die Händler und Gastronomen, die die Versorgung und Belebung des historischen Zentrums nicht nur an einem, sondern sechs bis sieben Tage die Woche sicherstellen.

Dies ist umso unverständlicher, als es nur einen einzigen Grund gibt, die Händler so aufzustellen: die Bequemlichkeit des Parkens der Lieferwägen gleich hinter den Ständen. Diesem Gesichtspunkt werden alle anderen, für den Markt deutlich wichtigeren Kriterien für eine freundlichere und kundenorientiertere Stellordnung untergeordnet. So ist der Arnstädter Wochenmarkt von allen Seiten abweisend und signalisiert, dass ihm Kundenorientierung, Besucherfreundlichkeit und gestalterische Kriterien schlichtweg egal sind.

Blickachsen, wie hier vom Rathaus auf den Bach, müssen frei bleiben
Auf jedem Markt Europas müssen die Händler ihre Autos nach dem Entladen wegfahren. Nicht so in Arnstadt.
Auch der Innenraum wird beparkt
Willkommen im schönen Arnstadt am Markttag!
Autobahn oder Wochenmarkt? Die Südseite.
Auch auf der Nordseite, vor dem Rathaus, nur Rückseiten und ungenutzter Raum
Die Händler und Gastwirte unter der Galerie kämpfen seit Jahren dagegen, an Markttagen nicht zugestellt zu werden. Vergeblich. Weil wir das schon immer so gemacht haben? Foto: Sebastian Wild.

Die Wagenburg, als die der Wochenmarkt erscheint, ist bei genauerer Betrachtung jedoch keine. Betrachtet man die aktuelle Stellordnung von oben, fällt auf, dass auch der Innenraum des durch die Autos eingefriedeten Platzzentrums den Besuchern, Kunden und Händlern nicht zur Verfügung steht, sondern auch hier der parkende Lieferwagen das Bild prägt:

Zwei schmale Gassen für die Besucher. Der Rest des Platzes gehört den parkenden Autos, mittendrin und außenherum

So lässt sich als erster Befund festhalten, dass der Markt sich weder nach außen öffnet, noch nach innen einer eingefriedeten Marktzone gleicht. Der Arnstädter Markt kombiniert den Nachteil der einen Stellordnung („Wagenburg“) mit dem Nachteil einer anderen („Zentralparkplatz“).

Das Resultat ist jeweils eine Gasse auf der Nord und Südseite des Platzes. Der Rest gehört den Lieferwägen und dient als „backstage“. Noch bevor man sich den Fragen der Gestaltung der Stände selbst, den Sichtachsen, der Verteilung der Händler auf dem Markt und deren Angebot zuwendet, muss man leider festhalten, dass der dienstägliche Markt primäre Grundsätze der besucherorientierten Stellordnung eklatant mißachtet. Diese lauten:

1) Die Stände sollten sich zu den städtischen Fassaden hinwenden, statt sich abzuwenden, und ein Gegenüber zu den stationären Händlern und Gaststätten bilden. Die Zonen zwischen den Ständen einerseits und dem Rathaus, den Arkaden und der Nordseite des Platzes andrerseits haben Einkaufs- und Flanierzone zu sein, und nicht Entsorgungs- und Lieferkorridor!

2) Die Stände sollten Rückseite an Rückseite zu stehen, und sich so ihre hässliche Seite gegenseitig verdecken. Tendenziell ergibt sich daraus ein Ring, der den Markt in zwei Zonen unterteilt: eine äußere, die den Besucher begrüßt, und eine Innere, die durch den Kranz an Ausstellern dem Platzzentrum ein besonderes Flair gibt.

3) Dieser Ring oder Kranz, in Arnstadt aufgrund der Platzbeschaffenheit eher ein Dreieck, wird an mehreren Stellen aufgebrochen, um Durchgänge und Sichtachsen zu schaffen.

4) Autos und Lieferwägen sind nur soweit als Teil des Marktgeschehens geduldet, als aus ihnen heraus verkauft wird bzw. sie für den Verkauf unabdingbar sind. Sie haben nach der Bestückung den Platz zu verlassen und sich an einem von der Stadt bestimmten Ort abzuparken (Parkplätze Bachkirche und/oder Untermarkt)

So kann ein Markt entstehen, der zwar aus zwei unterschiedlichen, aber gleichwertigen Zonen besteht, mit dem Bach-Denkmal und einem zentralem Ausschank oder Rost in der Mitte, um die sich das Geschehen respektvoll herum gruppiert. Dabei sollte die Sichtachse von Tourismus-Info und Rathauseingang zum Bachdenkmal die größte Öffnung bilden, da das Rathaus das den Platz dominierende Gebäude ist.

Blickachsen, insbesondere vom Rathaus zum Bachdenkmal, und freie Durchgänge sind wichtig und dürfen nicht verstellt werden

Weiter Öffnungen wären der Ein- und Ausblick nach Westen Richtung Litfaßsäule, sowie nach Nordost Richtung Erfurter Straße und Bachkirche. Kleine Durchlässe nach Süden und zu den Arkaden lockern das Ensemble auf.

Eine Arnstädter Besonderheit ist die Händlergasse vom Markt hinunter zum Hopfenbrunnen, wodurch die wichtige Anbindung der Haupteinkaufsstraße (Erfurter Straße) an den Wochenmarkt gegeben ist. Da hier die Stände stets mit ihren Rückseiten an der Brüstungsmauer der Bachkirche aufgereiht sind, ist die Stellordnung so gut.

Handlungsbedarf ist an dieser Stelle allerdings darüber gegeben, das man die Auswahl der Händler bzw. des Warensortiments für diese Kernzone neu definiert. Zum Beispiel als Grünen Markt frischer Produkte, welcher erkennbar als eigene Zone aufgestellt ist. Im Sinne der Orientierung und der allgemeinen Überschaubarkeit der Struktur des Wochenmarktes.

Richtige Aufstellung, mit dem Gesicht der Stände den Häusern zugewandt: an der Bachkirche als Verbindung des Wochenmarktes mit der Erfurter Straße

Mit seiner aktuellen Stellordnung läßt der Wochenmarkt ca 60% der Platzfläche ungenutzt bzw. als Stellraum für Logistik und PKW. Nur 40% werden tatsächlich als Flanier- und Verkaufszone genutzt. Das hier skizzierte Stellkonzept dreht alle Händler um 180 Grad und nutzt damit 90% als Erlebnisfläche, indem es erstmalig die Randbezirke UND die Platzmitte in das Marktgeschehen mit einbezieht.

Der Handlungsbedarf Aufstellung stellt sich somit in der völligen Neukonzeption der Stellordnung dar. Diese könnte zB wie folgt ausschauen:
Gelbe Stände: Äußerer Kreis, der Stadt zugewandt und die Besucher lockend. Grüne Stände: Innerer Kreis, dem Platzzentrum zugewandt, die Besucher haltend

So könnte eine Neuordnung des Arnstädter Wochenmarktes aussehen. In der Mitte der Bach, offene Zugänge und Blickachsen, und vor allem stehen die Buden und Verkaufswägen RÜCKEN AN RÜCKEN! Damit entstünden zwei gleichwertige Verkaufszonen: eine innere und eine äußere. Die grünen Punkte markieren die 15 Bäume des Marktes. Der Raum zwischen den Bäumen kann als Abstellfläche dienen

2) Vielfalt und Qualität des Angebotes
Der Arnstädter Wochenmarkt ist seit Jahren einer Spirale nach unten ausgesetzt: die geringe Attraktivität des Angebots und des Markterlebnisses läßt insbesondere die zahlungskräftige und anspruchsvollere Kundschaft nach Erfurt abwandern, wo man sich auf dem Domplatz wieder trifft. Anbieter hochwertiger Produkte wiederum meiden Arnstadt, da sie hier keine Umsätze machen, was den Markt zunehmend unattraktiv macht.

Auch wenn durch den Zuzug nach Arnstadt und zunehmendes Qualitätsbewusstsein der Marktbesucher ambitionierte Neuzugänge wie der „Grüner Günther“ ihre Kundschaft zu finden scheinen, muss man dennoch feststellen, dass der Markt in Quantität und Qualität noch reichlich Entwicklungspotential hat.
Bei einer Begehung des Marktes Mitte November ließen sich 38 Händlerstände zählen. Diese teilten sich wie folgt auf (Begehung am 26.11.2019):

10 x Lebensmittel:
2x Obst&Gemüse, Rechner und Günther 1x Eier&Geflügel, Geflügelhof
1x Eier&Wurst, Eichsfelder
1x Wurst, Herwig
1x Fleisch&Wurst, Eberl
1x Fisch, O’Keefe
1x Käse, SLF
1x Bäckerei, Anschütz
1x Wild&Geflügel, n.n.

3 x Gastro:
1x Brathendl
1x Bratwurst
1x Räucherfisch

1 x Garten:
1x Pflanzen und Blumen

11 x Haushalt:
1x Haushaltsmittel, Kräuter
1x Stickereien
2x Gemischtwaren
1x Frotteewaren&Kissen
2x Lederwaren
1x Leder&Uhren
1x Uhren
1x Musik-CDs
1x Schmuck

13 x Kleidung:
6x Damenoberbekleidung
1x Herrenoberbekleidung
2x Socken
1x Schuhe
2x Mützen, Hüte, Handschuhe
1x Unterwäsche

Auffällig ist das Übergewicht von Textilien und Haushaltswaren aller Art, also Produkten, die als Angebot eines Wochenmarktes keine Vorteile bieten gegenüber dem Internet oder dem stationärem Handel. Attraktiv ist dieses Angebot vor allem für ältere Bürger*innen mit kleinem Geldbeutel, die dieses Angebot gewohnheitsbedingt seit Jahrzehnten nutzen. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt und dem Zuzug wird dieses Marktsegment an Bedeutung verlieren.

Für junge Familien, Menschen mit höherem Einkommen und auch für die Besucher der Stadt ist der Markt nur in Teilen interessant, vor allem dort, wo es frische Lebensmittel gibt. Das für diese qualitätsbewusste Kundschaft wichtige Angebot (frisches Gemüse und Obst, Eingemachtes und Eingelegtes, Honig und Marmeladen, vegane Pasten und Kräuter, Topfpflanzen und Blumen, Handwerkliches) ist mit drei bis vier Ständen zu dürftig repräsentiert. Vieles davon fehlt komplett.

Der inzwischen leider nicht mehr existierende Bauern- und Blumenmarkt zu Pfingsten wies lange Zeit die Richtung, wie ein kommunaler Wochenmarkt auch aussehen könnte: vor allem grün!

abei zeigen die Erfahrungen in Arnstadt, dass bei steigender Qualität im Sinne von öko, regional und handwerklich sich rasch zusätzliche und zahlungsfähige Kundschaft einfindet. Der Erfolg des neuen Feinkostladens „Lebensart“ in der Erfurter Straße ist ein Beispiel dafür, wieviel Menschen inzwischen in Arnstadt leben, die bereit und in der Lage sind, mehr Geld auszugeben, wenn die Qualität und die Atmosphäre stimmt.

Gleiches gilt für den „Grünen Günther“, sprich Marcus Günther und sein Sortiment, das nicht nur frische Ware bietet, sondern diese aus kleinbäuerlichem, nicht-agrarindustriellem und regionalem Umfeld. Die Sensibilisierung für solche Produkte ist inzwischen bis weit in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen und kein ausschließliches Symptom mehr großstädtischer Hippster-Milieus. Der Apfel verkauft sich auch, wenn er Flecken hat, denn das ist heute eher ein Qualitätsmerkmal. Und ist die Ware saisonal beschränkt, dann lernen wir wieder, dass es ab November außer Birnen und Äpfel gerade noch Rote Beete, Zwiebeln, Kohl und Rüben gibt.
Ein zweiter Mangel im Produktsortiment des Dienstagsmarktes ist die weitgehende Abwesenheit des Handwerks, nicht nur im food-, sondern auch im non-food-Bereich.

Produkte aus Holz, Töpferwaren, Filzprodukte, Korbwaren, Handbemaltes oder Selbstentworfenes, Spielzeug oder Andenken, alles was im unmittelbaren Sinne einzigartig, authentisch und liebevoll gemacht ist, kann den Markt aufwerten. Dies ist besonders wichtig für jene Besucher, die nicht ihren Kühlschrank füllen müssen, sondern auf Entdeckungsreise sind: die touristischen Gäste der Stadt.

Für diese zahlungsfähige Zielgruppe eines jeden traditionellen Wochenmarktes ist der Arnstädter Markt die größte Enttäuschung. Er bietet dem Reisenden schlichtweg nichts – außer hässlichen Perspektiven.

Der sich aus diesem Befund ergebende Handlungsbedarf Angebot besteht in einem Bündel konzertierter Aktionen. Diese könnten umfassen das aktives Ansprechen ausgewählter Anbieter, Sondertarife für Neueinsteiger, ein gestalterischer Auftritt mit Logo, Flyern und Plakaten sowie Werbemaßnahmen in den benachbarten Städten. Marketingaktionen im Zentrum des Marktes, Verkostungen, vegetarischen Imbiss-Angebote, Kinder-Koch-Aktionen usw. Ein Handlungsfeld auch des noch zu findenden City-Managers?

Ziel einer Neukonzeption des Wochenmarktes durch dieses zu definierende Bündel an Aktionen muss es sein, die Spirale nach unten zu durchbrechen und in eine Aufwärtsbewegung zu verwandeln. Die Klientel und die Zahlungsfähigkeit, den Markt aus seiner Talsohle der Bescheidenheit zu holen, ist in unserer Stadt längst gegeben!

Wichtig dabei ist es zu beachten, dass diese Erweiterung des Angebots nicht zu Lasten der traditionellen Anbieter stattfindet. Die Transformation kann und muss fließend gehen. Dem entgegen steht allerdings nicht, dass man verschiedene Zonen definiert, dergestalt:

Grün- und Frischemarkt:
Hopfenbrunnen bis Rathausecke
Handwerk und hochwertiges Non-Food:
Galeriebereich und nördlicher (Rathaus-)Kranz
Plastikwaren und niederschwellige Textilien:
Westlicher und südlicher (Güldener Greif-)Kranz

3) Gestaltung der Stände
Neben der Stellordnung der Händler und der Angebotspalette ist das Erscheinungsbild der einzelnen Stände für den optischen Eindruck und die Akzeptanz eines Wochenmarktes von Bedeutung. Wie für Gestaltungssatzungen für den öffentlichen Raum im allgemeinen gelten auch für kommunale Märkte heute grundsätzlich folgende Regeln:

– Holzkonstruktionen und Stoffbahnen vor Metallgerüsten oder Plastefolien
– abgestimmtes Erscheinungsbild statt gestalterische Willkür
– großzügiger und heller Sonnen- und Regenschutz
– natürliche Farben statt knallige Buntheit
– dezente Beschriftungen statt Werbemittel und Fremdlogos
– handbeschriftete Kreidetafeln und Warenauszeichnungen
– attraktiv präsentierte und gestapelte Waren
– nicht sichtbare Lagerung von Müll und Verpackungen

Einige dieser gestalterischen Grundsätze sind mit geringem Aufwand umsetzbar, andere nur mittelfristig und mit Hilfe der Stadt, und einige sind für die Händler der Thüringer Wochenmärkte vielleicht auch jenseits Ihrer finanziellen Möglichkeiten. Aber auch wenn die Umsetzung gestalterischer Prinzipien nur über Jahre langsam umgesetzt werden kann, empfiehlt es sich dennoch, hier (als Handlungsbedarf Gestaltung) eine Zielstellung zu formulieren, die Händler entsprechend zu beraten, Hilfestellung zu gewähren und finanzielle Vorteile zu bieten (für einheitliche Markisenstoffe, Kreidetafeln, Überdachungen oder Präsentationshilfen zu Sonderpreisen). So können Schritt für Schritt diese Ideen passgenau auf die Arnstädter Verhältnisse zugeschnitten und umgesetzt werden.

Saalfelden in Tirol bietet seinen Händlern Verkaufsstände aus Holz im einheitlichen Design und wertet damit den Wochenmarkt ästhetisch auf.

Unabdingbar für das Erscheinungsbild des Wochenmarktes im Herzen der Stadt und sofort umzusetzen ist die Autofrage. Hier stellt sich die Frage, wieso es in Arnstadt nicht möglich sein sollte, was in anderen Thüringer Städten längst in strenge Vorschriften gegossen ist, so zum Beispiel in Rudolstadt. Die dortige „Satzung zur Regelung des Marktwesens“ definiert unmissverständlich als

§ 10 Fahrzeugverkehr:
Außer Verkaufswagen und -anhängern dürfen keine Fahrzeuge während der Marktzeit auf dem Marktplatz abgestellt werden. Motorräder, Mopeds, Mofas und ähnliche Fahrzeuge sowie Fahrräder dürfen innerhalb des Marktgeländes nicht mitgeführt werden.

Die Kyffhäuser Bäuerinnen auf dem Arnstädter Markt bestätigt, dass sie selbst kein Problem damit hätte, ihren Lieferwagen nach der Aufstellung woanders abzuparken, sofern die Stadt ihnen hierfür einen Platz anbietet. Die Flächen dafür könnten sowohl an der Bachkirche als auch auf dem Parkplatz am Untermarkt als speziell markierte Stellplätze für Dienstag von 6:00 bis 12:00 Uhr ausgewiesen werden.

Die verbleibenden zumeist auf Kühlung angewiesenen Verkaufswagen wiederum sollten, wie schon unter 2) besprochen, zusammenstehen, möglichst Rücken an Rücken, mit Zwischenräumen, die als Kurzzeitlager für Müllbehälter und Verpackung genutzt werden können.

4) Das Marketing
Es reicht nicht, einen Markt neu aufzustellen, das Angebot zu erweitern und qualitativ zu heben, es muss – als letzten Schritt – auch kommuniziert werden. Das Kind braucht nicht nur eine zeitgemäße Satzung, es braucht auch einen Namen, einen Schriftzug und ein Logo, entworfen und geeignet zuvorderst für Plakate, Flyer und Soziale Medien. Insbesondere die anzustrebende Aufwertung des Grünen Frischemarktes muss kommuniziert werden.

Diese Werbemaßnahmen weisen nicht nur auf den Markt und seine regelmäßigen Angebote hin, sondern auch und vor allem auf einmalige Aktionen, für die der Innenraum des Platzes zwischen dem Bach und dem Rathaus freigehalten werden kann. Hier ist vieles denkbar, auch Aktionen, für die die verschiedenen Ministerien Förderung anbieten, wie zum Beispiel Infostände und Kochaktionen zu gesunder Ernährung, oder ein Körbe-Flechtworkshop für Kinder in der Ferienzeit, oder einfach Verkostungen neuer Anbieter hochwertiger Lebensmittel. Auch in Thüringen entsteht hier zur Zeit viel Neues, von dem viele Menschen erst spät oder gar nicht erfahren.

Solche Aktionen wecken die Neugier zu schauen, was der Markt diese Woche an Besonderem bietet. Zugleich bieten sie der Presse die Möglichkeit, mit der Vorberichterstattung über die einzelnen Sonderaussteller den Markt als solchen immer wieder in die Öffentlichkeit zu bringen und somit die Aufmerksamkeit für dieses so wichtige Angebot der Stadt zu heben.

Zusammenfassung:
Die hier umrissenen Möglichkeiten zur Aufwertung des Arnstädter Wochenmarktes im Sinne neuer Kunden, im Sinne der Anwohner, Händlerinnen, Gastronomen und Unternehmerinnen am Markt und im Sinne der touristischen Gäste der Stadt sind überwiegend ohne oder mit nur geringer finanzieller Belastung der Stadt zu realisieren. Die aufwändigeren Elemente aus dem Kapitel Standgestaltung (wie einheitliche Stände aus Holz, Beispiel Saalfelden/Österreich) sind dafür nicht zwingend, und auch zu einem späteren Zeitpunkt noch umsetzbar.

Was vor allem gefordert ist, ist ein „Umparken“ – auch im Kopf, das heißt die Bereitschaft aller Beteiligten, einen übergeordneten Blick einzunehmen, die Bedürfnisse einer wieder wachsenden und zugezogenen Kundschaft wahrzunehmen und in diesem Sinne eine neue Satzung zu formulieren.
Diese Satzung sollte nicht nur auf die spezifischen Arnstädter Besonderheiten eingehen, sondern auch aus einem Diskussionsprozess heraus geschaffen werden, in dem alle Beteiligten eingebunden sind, darunter auch ein Vertreter der langjährigen Händlerschaft.
Die größte Hürde ist zweifelsfrei die Neue Stellordnung, welche nicht einfach am Grünen Tisch ersonnen und per Satzung deklariert werden kann, sondern ebenfalls in Abstimmung mit den Händlern zuerst entworfen und über die dann gesammelten Erfahrungen angepaßt und feinjustiert werden muss.

Ist diese erste Hürde genommen, wird der Arnstädter Wochenmarkt eine neue Dynamik entfalten, die es erleichtern wird, die folgenden Schritte zu gehen. Letztlich kann und muss der Wochenmarkt auch Vorbild und Muster werden für alle anderen öffentlichen Ereignisse in der Stadt Arnstadt, bis hin zum Stadtfest.

Einen weiteren Artikel zum Thema Markt in Arnstadt finden Sie hier:
Der Markt als Seele der Stadt

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