Eine Veranstaltung in einem verfallenden Denkmal, gemeinsam getragen vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie und den Eigentümern – so lautete das experimentelle Konzept unter dem Motto bauhaus 2019 – denkmalpflege und die bauten der moderne.
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Drei Objekte des Modernen Bauens, alle auf unterschiedlicher Weise in prekärem Zustand, waren Thema des Tages: der Wartburg-Pavillion von Günther Wehrmann in Eisenach, der Garagenbau von Alfred Arndt in Probstzella und der Milchhof Arnstadt von Martin Schwarz, das am stärksten bedrohte Gebäude und Gastgeber des Kolloquiums (siehe hierzu auch http://milchhof-arnstadt.de/2016/04/22/denkmalpflege-und-die-bauten-der-moderne/). Die zweite Hälfte des Tages war geprägt vom Thema bauhaus 2019 – und wie der Funktionalismus der Moderne gerade in städtebaulicher Sicht immer wieder dieselben Irrwege beschreitet.
Gäste und/oder Referenten waren der Architekt und renommierte bauhaus-Forscher Winfried Brenne (Berlin), der Architekt Walther Grunwald (Berlin), verantwortlich für die Wiedererrichtung der Herzogin Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar, Jürgen Padberg (Hamburg), Dombaumeister in Brandenburg/Havel und Vorstandsvorsitzender der Heinrich-Tessenow-Gesellschaft, sowie Dr. Lars Scharnholz (Cottbus), Geschäftsführer des Instituts für Neue Industriekultur – allesamt Spezialisten für das Bauen im Bestand und die Architektur der Moderne. Ebenfalls aus Berlin kam Sigrid Hupach, MdB und Mitglied des Kulturausschusses des Bundestags, aus Erfurt die Landtagsabgeordneten Sabine Berninger und aus ganz Thüringen viele Mitarbeiter des Landesamtes und der Unteren Denkmalbehörden, der Klassik-Stiftung Weimar, Hüterin des Bauhaus-Erbes ebendort, und Vertreter der Staatskanzlei und Bauhaus-2019-Koordination in Erfurt.
Hauptredner am Nachmittag war der Autor Daniel Fuhrhop, der die Thesen seines Buches Verbietet das Bauen! erläuterte und schlüssig darlegte, warum der Neubau-Wahn vom Einfamilienhaus auf der Grünen Wiese bis zu den großen Wohnblöcken ein teurer, wenig nachhaltiger und letztlich asozialer Weg der Stadtentwicklung ist.
Fazit: die deutsche Geschichte der Nachkriegszeit in Ost wie West ist bis heute geprägt von einer Abriss- und/oder Entkernungswut gegen historische Industriearchitektur, fehlgeleitet durch Fördermittel und Neubauprämien und dabei stets die besondere bauliche, historische und kulturelle (Lebens-)Qualität dieser Gebäude verkennend.
Aber auch das wurde auf dem Kolloquium spürbar: mit jedem Jahr und jedem Abriss wächst das Bewusstsein, das das Erhalten, respektvolle Sanieren und Umnutzen zahlreiche Vorteile mit sich bringt, und zwar unabhängig davon, ob ein Bau ein Denkmal ist.
Die Baudenkmäler aber müssen die Pioniere dieses dringen erforderlichen Paradigmenwechsels sein, im Sinne der Wiedererringung der Wirtlichkeit unserer Städte, um in leichter Abwandlung seines Buchtitels Alexander Mitscherlich zu zitieren.
Am Abend stand nach der Architektur die Kunst und Malerei der klassischen Moderne im Fokus. Jan Kobel führte durch seine Ausstellung reduces, reused, useless und präsentierte Malerei und Skulptur auf den Spuren von Kasimir Malewitsch, Mark Rothko, Robert Rymann, Jerry Zeniuk und Pomona Zipser.