Ein Arnstädter Original, wenngleich nicht „original Arnscht“. Eher ein Exilant. Alexis wählte Arnstadt als Zufluchtsort, nachdem die 48er Revolution in Berlin gescheitert war, um sich als Publizist nicht der fortwährenden preußischen Zensur auszusetzen.
Anni Carlsson urteilte 1983 in ihrer Schrift „Wilibald Alexis – Ein Bahnbrecher des Deutschen Romans“ über sein Werk und seine Aktualität bis heute: „So ergibt die Kritik am preußischen Staat von 1805 bis 1852 und seiner Gesellschaft, an Nationalismus, Patriotismus, Junkerherrschaft, soldatischen Hochmut und Beamtenkorruption ein komplexes Bild, mit dem in dieser Schärfe Alexis unter den deutschen Romanautoren seiner Zeit allein steht.“
Geboren als Georg Wilhelm Heinrich Häring in Breslau, stammte Alexis (alex lat. Hering) aus einer hugenottisch-bretonischen Familie, die ursprünglich Harenc hieß. Mit 8 Jahren übersiedelte er mit seiner früh verwitweten Mutter nach Berlin. Hier besuchte er das Gymnasium, hier und in Breslau studierte er Rechtswissenschaft und Geschichte.
Ab 1827 war er Chefredakteur des Berliner Konversationsblattes.1835 jedoch legte er die Redaktionsleitung aus Protest gegen die zunehmende preußische Zensur nieder. Danach arbeitete er als freier Schriftsteller und Feuilletonist verschiedener Zeitungen, darunter auch die Vossische Zeitung. Das Blatt war Sprachrohr des des liberalen Bürgertums.
Die Redaktion kämpfte ab 1843 für die Abschaffung der Pressezensur und unterstützte während der bürgerlichen Revolution 1847/1848 die freiheitlichen Kräfte. An der Beerdigung der „Märzgefallenen“, der gut 200 zivilen Opfer vom 18. März 1848 in Berlin, nahm die gesamte Redaktion teil. Diese Revolutionäre, überwiegend Handwerker in den 20ern, wurden im Barrikadenkampf von den preußischen Truppen Königs Friedrich Wilhelm IV. getötet. Sie kämpften für demokratische Rechte wie Rede-, Presse- und Versammlungsfreiheit und das Wahlrecht.
Willibald Alexis, Teil der Vormärz Bewegung, hielt auch im Nachmärz an den Zielen der Revolution fest und festigte seinen Ruf als roter Republikaner. Enttäuscht über den Ausgang der Revolution und beständigen Angriffen ausgesetzt, beschloss er Berlin zu verlassen. Nach einem längeren Aufenthalt in Rom zog er sich 1853 nach Arnstadt zurück. Wo er bald mehrere Schlaganfälle erlitt und bis zu seinem Tod 1871 lebte – körperlich und später auch geistig versehrt. Der deutlich jüngere Henri Theodore Fontane (1819–1898) schildert diese letzten Jahre: „Wer damals, um die Sommerzeit, nach Arnstadt kam und an stillen Nachmittagen unter den Bäumen des Parks spazieren ging, der begegnete einem Wägelchen, drin ein Kranker langsam auf und ab gefahren wurde: ein alter Herr, das Haupt entblößt und auf die Seite geneigt, das Gesicht interessant, trotz aller Zeichen des Verfalls. Dieser Kranke war Willibald Alexis. Manches Auge ist teilnahmvoll diesem stillen Gefährt gefolgt.“